In Folge des Entnazifizierungsverfahrens wurden im ersten österreichischen Auschwitz-Prozess drei NS-Architekten in Wien von 1971 bis 1972 vor Gericht gestellt. Die Anklage lautete u.a.: „Beteiligung am Holocaust durch Planung, Errichtung und laufende Instandhaltung der Gaskammern und Krematorien des KZ Auschwitz-Birkenau“. Später wird dieser Prozess als „Wiener Architekten-Prozess“ in die Geschichte eingehen, da in ihm die Verantwortung von Architekten für die Planung des Konzentrationslagers Auschwitz verhandelt wurde. Bislang sind die Prozessakten nur einer historisch-juristischen Analyse unterzogen worden. Mit dieser Masterarbeit wird eine Untersuchung auf architekturhistorischer Ebene hinzugefügt. Dabei wurde ein Vergleich zwischen den architekturspezifischen Aussagen während des Prozesses mit den Bausubstanzen im KZ durchgeführt. Die angeklagten Architekten beharrten während des Prozesses darauf, rein aus Befehlsnotstand gehandelt zu haben und behaupteten, dass autarkes Entwerfen außerhalb ihres Handlungsspielraumes gewesen wäre. Die Analyse zeigt allerdings eine eindeutige Abweichung von den Vorgaben des NS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes in Berlin, was die Frage der Mitverantwortung der Architekten an den millionenfachen Morden neu aufwirft. Die Architekten wurden im Prozess freigesprochen und weitere Verfahren gegen andere NS-Architekten wurden eingestellt. Signifikant ist retrospektiv das mangelnde Interesse der Medien am ersten Wiener Auschwitz-Prozess sowie die Inexistenz des Themas in der Architektenschaft. Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur Aufarbeitung eines für die Disziplin wenig rühmlichen historischen Abschnittes und stellt die Frage nach der Verantwortung der Architekten.