Immaterielles Baukulturgut

Kriterien zur Integration baukultureller Praktiken in den staatlichen Kulturgüterschutz am Beispiel Österreich





Stephan Joeris

Betreuung:
Ass.Prof. Mag.phil. Dr.phil. Antje Senarclens de Grancy
Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften
2019
Link zur Diplomarbeit

Um 1900 wurde das moderne, materialfixierte europäische Verständnis von Baukulturgut entwickelt. Demnach sind alle Werte, die es erhaltenswert erscheinen lassen, untrennbar an eine bestimmte materielle Substanz gebunden. Dieses Verständnis wurde im 20. Jahrhundert zum weltweiten Standard erhoben, doch erscheint heute die Beschränkung des Konzeptes rein auf Baudenkmäler nicht mehr ausreichend. Auch traditionelle bauschaffende Tätigkeiten wie das Mauern eines Gewölbes, das Gestalten eines obersteirischen „Troadkastens“ (Getreidespeichers), das Herstellen von Weinviertler Lehmziegeln, das Erneuern der Schilfdeckung eines Hauses am Neusiedler See, aber auch das Unterrichten von Architekturstudent*innen, das Veranstalten eines Richtfestes oder das rituelle Zerstören eines Tempels könnten Werte tragen, die sie als Kulturgut erhaltenswert machen. Daher sind folgende Überlegungen angebracht: Unter welchen Bedingungen ist eine gemeinschaftliche Bewahrung baukultureller Praktiken gerechtfertigt? In welcher Form könnte eine solche Bewahrung erfolgen? Das primäre Ziel der Arbeit stellt somit die Formulierung von Kriterien dar, deren Erfüllung eine baukulturelle Praxis für eine Gemeinschaft erhaltenswert erscheinen lässt. Hierbei stehen das Kategorisieren baukultureller Praktiken, die Betrachtung kulturgutbegründender Werte und deren Echtheit im Zentrum. Schließlich werden für Österreich, ein Staat mit Kulturgüterschutzsystem, mögliche Erhaltungsmaßnahmen genannt, durch welche eine dauerhafte Bewahrung der Werte der als immaterielles Baukulturgut qualifizierten baukulturellen Praktiken möglich scheint.